Schöpfung – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Gottes Blog http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/gottes-blog/ http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/gottes-blog/#comments Mon, 15 Nov 2010 13:35:32 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3202

Frauenpo-Poster. Aktuelle Fernsehwerbung für die amerikanische Serie Mad Men im ZDF. Foto: ZDF

Man könnte denken, in Deutschland läuft es in Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter seit 100 Jahren super: Seit 1919 dürfen Frauen wählen, seit 1973 darf ein Ehemann seiner Frau nicht mehr verbieten zu arbeiten, seit 1992 ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar, seit 1995 wird Abtreibung nicht mehr gesetzlich verboten und heute sind 25 Prozent der öffentlichen leitenden Stellen von Frauen besetzt.

Doch finden es immer noch nicht nicht alle super, wenn Geschlechter gleiche Rechte und Chancen haben. Nachdem sich Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, welche ja auch dieses Blog fördert, auf dem Genderkongress in Berlin Ende Oktober 2010 öffentlich in seiner Rede dafür einsetzte, „das Prinzip des Gender Mainstreaming als zentrale Dimension aller gesellschaftlichen und politischen Bereiche umzusetzen“, hat der Bund Deutscher Katholiken seinen sofortigen Rücktritt verlangt. Der Vorwurf lautete: Krüger vertrete Theorien, „die das Wesen des Menschen zerstören, der seiner Natur gemäß unverwechselbar Mann oder Frau ist“.

Diese Forderung samt Vorwurf ist absurd. Erstens ist Gender Mainstreaming bereits seit einem Beschluss vom 23. Juni 1999  ein politisches Querschnittsziel in Deutschland. Die Regierung informiert über das Thema auf einer eigenen Webseite und weist darauf hin, dass es „keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt“. Gender Mainstreaming bedeutet, so die offizielle Definition, bei allen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen. Es geht also nicht darum, die Kategorie Geschlecht aufzuheben, sondern genau hinzuschauen, wie aus Geschlechterzuschreibungen gesellschaftliche Rollen erwachsen, darum, nicht schwarz und weiß zu denken, rechts und links, gut und böse, sondern, wie im Logo der Superdemokraticos, dritte und mehr Farben zu sehen und mitzudenken. Die Realität ist vielfältiger und komplizierter als erz-katholisch oder nicht-katholisch. Katholisch-sein kann nicht bedeuten, die Realität zu ignorieren, oder? Zumal die katholische Kirche, was die geschlechtlichen Beziehungen einiger seiner Vertreter angeht, selbst einige Leichen im Keller liegen hat und dort mal lieber aufräumen sollte.

Zweitens verfolgt keine Genderdiskussion das Ziel, das Wesen des Menschen zu zerstören, ganz im Gegenteil. Es geht eher darum, die Vielfalt der Welt zu sehen und anzuerkennen, also, wenn ich in religiösen Begriffen sprechen darf, die Vielfalt der Schöpfung zu verehren. Der Bund Deutscher Katholiken, der sich 2000 gegründet hat, um das Land im Sinne des Katholischen Katechismus neu zu evangelisieren, gibt sich als Hoffnungsbringer. In der Selbstdarstellung heißt es: „Heute geht es darum, die Resignation und Müdigkeit, die auf unserem Land liegt und jeden Neuaufbruch erstickt, zu überwinden und der Hoffnung wieder Raum zu geben.“

Hoffnung liegt, meines Erachtens, aber nicht darin, die politische Bildung zu einem Schauplatz parteipolitischer Interessen zu machen (CDU/CSU versus SPD) und philosophische, politische, gesellschaftliche und religiöse Identitätsdiskurse von zweihundert Jahren zu ignorieren. Hoffnung liegt darin, dass nicht immer alle einer Meinung sind; denn so ist das nun mal in der Demokratie. Hoffnung liegt auch darin, dass es eine Institution für politische Bildung gibt, die junge, aktuelle Debatten über Politik und die Welt unterstützt, etwa auf dem Genderkongress oder hier, auf Los Superdemokraticos: 20 Autorinnen und Autoren haben unter anderem darüber nachgedacht, welche Rolle Körper, Körperkonstruktionen und Körperlichkeit in den jeweils subjektiven politischen Zusammenhängen in Europa und Lateinamerika spielen. Wir sind uns in einem neutralen Raum, dem Netz, als körperlose digitale Wesen begegnet. Wenn Gott die Welt erschaffen hat, hat er auch Debatten im Internet erschaffen. Danke, Gott, Danke Internet.

Wir bloggen weiter. Amen.

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Die Buchstaben sind Vitamine http://superdemokraticos.com/themen/burger/generation-der-spontaneitat-honigspirale/ http://superdemokraticos.com/themen/burger/generation-der-spontaneitat-honigspirale/#comments Thu, 26 Aug 2010 06:55:18 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=1119 „Es ist nicht notwendig zu leben,
es ist notwendig zu schöpfen.“
Alexander Search

Das Frühstück könnte sich ewig wiederholen: Obststücke mit Müsli und Naturjoghurt mit einer Honigspirale. Nach dem Zähneputzen und ein paar Ritualen tun, was du tun musst (oder was du tust, wenn es nichts zu tun gibt): Die Schöpfung, die sich auf deinem Tisch räkelt und ausruht, bittet um ihre Vollendung; die einzige Lektion Gottes, bei der wir aufmerksam waren, selbstverständlich, der Anfang. Den Blick erheben, die Taille beugen und ein wenig den Rückspiegel verstellen, den verborgenen Haiku in den Trümmern erahnen, wie jemand, der den Horizont des Fieber zeigenden Quecksilbers sucht. Die Magie grüßen, die beim Öffnen der Augen und beim Sehen des reflektierenden Lichts entsteht.

Die Schöpfung ist der Engel, der mir die Zähne bleicht, die Poesie ist eine Verwandlung von Energie, von Reizen und Information. Ähnlich wie im Fall des Herrn Search, wäre meine Existenz ohne sie undenkbar. Sie bestimmt, wer ich bin, sie verschafft mir Arbeit, stellt mir Freunde vor und bewahrt mir meine geistige Gesundheit. Angesichts solcher Großzügigkeit liegt es an mir, das Entkommen zu moderieren und mich am Licht festzuhalten, wenn um mich herum dekadente Wirbel aus Trugbildern umherpeitschen und kolossale Abscheulichkeiten wie Transformers 2 hinter sich herschleifen. Der Weltraumschrott schmerzt mich. Ich bevorzuge es, durch die Sonne zu erkranken, und diese Idee werde ich gewaltlos verbreiten, den Rest werden wir durch Zugaben erreichen (ich drücke die Daumen).

(Ich lasse die Daumen los) Wenn sich Ideen verwirklichen, sättigt sich die Begierde, an der Entdeckung einer neuen Welt teilzunehmen, Luftschlösser zu bauen, die zwischen dem Smogimperium und den ungewissen Parfums navigieren, bis sie sich in deinem Haar verwickeln, die Welt in 80 Versen zu umrunden und hier zu bleiben und hier zu bleiben von selbst.

Heimlich nehme ich den Auftrag an, das Gesicht des Lesers mit einer inneren Grimasse zu schmücken, die mit dem Rausch der ersten Liebe wetteifert.

Ich glaube an die Generation der Spontaneität, der Traum dauert an; und weil ich träume, beziehe ich mich nicht auf etwas Unmögliches, sondern auf etwas Waches.

Da wir heute Webseiten sind, die sich jede Sekunde aktualisieren, ist es eine Erleichterung für die Seele festzustellen, dass wir so viel zu sagen haben. Seit wir uns konsumieren, sind wir uns darüber einig, uns als angereichert und nahrhaft zu präsentieren. Die Buchstaben sind Vitamine. Das A verbessert die Nachtsicht und beugt der Zellalterung vor, das B garantiert die Funktionsfähigkeit des Nervensystems, das C ist ein Antioxidationsmittel und so weiter. Die Vitamine sind Buchstaben. Sie alle sind hier in diesem Text vorhanden. Die Straßen sind aus Ideen bestehende Regengüsse. Sie sind keine Werbeanzeigen, sie sind keine verbrauchten Strecken, sie sind keine kommerziellen Strecken, die Realität gehört uns. Die Realität ist eine Gratisprobe. Ich bin dort mit meinen besten Freunden und verfolge die Verkosterinnen. Diese Gruppe von Jungs ist so wichtig für mich wie die Delikatesse, mit der ich mich heute beschäftige, aber sie billigten diese Wahl. Wir teilen die kreativen Prozesse in romantischen Nonsens-Sitzungen miteinander, und es bewegt mich, ihre Geschichten und Gedichte zu lesen, ihre Filme und Zeichnungen zu betrachten, ihre ersten Alben zu hören, ihre Gesichter des Wahnsinns zu sehen, die über die Nacht lachen.

Wenn du eine Welt und eine Sprache erschaffen hast, und herausfinden musst, ob die Nachricht von Fremden verstanden werden kann, wohl wissend, dass – aufgrund bestimmter vorgefasster Meinungen – wir nicht alle Wahrsager sind und uns gegenseitig aus der Hand lesen, tritt die unschätzbare Figur des Bruders auf, der dir sagt, wie gewöhnlich dein Bewusstsein ist.

Eine andere Strategie, die ich empfehlen würde, um etwas mit anderen zu teilen, ist, wie eine Verrückte tage- und monatelang zu laufen, auf der Straße Menschen anzuhalten und sie zu fragen, wie man an einen imaginären Ort gelangt, nur um ihn ihnen zu zeigen.

Übersetzung: Marcela Knapp

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