Geschlecht – Los Superdemokraticos http://superdemokraticos.com Mon, 03 Sep 2018 09:57:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.9.8 Denkschritte http://superdemokraticos.com/themen/intellektuelle/denkschritte/ Thu, 13 Oct 2011 11:00:42 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=5215

(c) Lilli Loge

Herbst ist eine nostalgische Jahreszeit, es liegt nahe, darüber nachzudenken, was es bedeutet, jung zu sein und alt zu werden.
Ich habe mich darauf gefreut, älter zu werden, als ich 18 war, und ich fragte mich, warum ich alt werden wollte, als ich jung war.
Heute habe ich eine mögliche Antwort gefunden: Ich habe mich darauf gefreut, nicht mehr sexuell attraktiv zu sein, um wirklich geliebt zu sein für das, was ich bin, unabhängig von meinem Geschlecht und meiner Jugend.

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Gottes Blog http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/gottes-blog/ http://superdemokraticos.com/laender/deutschland/gottes-blog/#comments Mon, 15 Nov 2010 13:35:32 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=3202

Frauenpo-Poster. Aktuelle Fernsehwerbung für die amerikanische Serie Mad Men im ZDF. Foto: ZDF

Man könnte denken, in Deutschland läuft es in Sachen Gleichberechtigung der Geschlechter seit 100 Jahren super: Seit 1919 dürfen Frauen wählen, seit 1973 darf ein Ehemann seiner Frau nicht mehr verbieten zu arbeiten, seit 1992 ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar, seit 1995 wird Abtreibung nicht mehr gesetzlich verboten und heute sind 25 Prozent der öffentlichen leitenden Stellen von Frauen besetzt.

Doch finden es immer noch nicht nicht alle super, wenn Geschlechter gleiche Rechte und Chancen haben. Nachdem sich Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, welche ja auch dieses Blog fördert, auf dem Genderkongress in Berlin Ende Oktober 2010 öffentlich in seiner Rede dafür einsetzte, „das Prinzip des Gender Mainstreaming als zentrale Dimension aller gesellschaftlichen und politischen Bereiche umzusetzen“, hat der Bund Deutscher Katholiken seinen sofortigen Rücktritt verlangt. Der Vorwurf lautete: Krüger vertrete Theorien, „die das Wesen des Menschen zerstören, der seiner Natur gemäß unverwechselbar Mann oder Frau ist“.

Diese Forderung samt Vorwurf ist absurd. Erstens ist Gender Mainstreaming bereits seit einem Beschluss vom 23. Juni 1999  ein politisches Querschnittsziel in Deutschland. Die Regierung informiert über das Thema auf einer eigenen Webseite und weist darauf hin, dass es „keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt“. Gender Mainstreaming bedeutet, so die offizielle Definition, bei allen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen. Es geht also nicht darum, die Kategorie Geschlecht aufzuheben, sondern genau hinzuschauen, wie aus Geschlechterzuschreibungen gesellschaftliche Rollen erwachsen, darum, nicht schwarz und weiß zu denken, rechts und links, gut und böse, sondern, wie im Logo der Superdemokraticos, dritte und mehr Farben zu sehen und mitzudenken. Die Realität ist vielfältiger und komplizierter als erz-katholisch oder nicht-katholisch. Katholisch-sein kann nicht bedeuten, die Realität zu ignorieren, oder? Zumal die katholische Kirche, was die geschlechtlichen Beziehungen einiger seiner Vertreter angeht, selbst einige Leichen im Keller liegen hat und dort mal lieber aufräumen sollte.

Zweitens verfolgt keine Genderdiskussion das Ziel, das Wesen des Menschen zu zerstören, ganz im Gegenteil. Es geht eher darum, die Vielfalt der Welt zu sehen und anzuerkennen, also, wenn ich in religiösen Begriffen sprechen darf, die Vielfalt der Schöpfung zu verehren. Der Bund Deutscher Katholiken, der sich 2000 gegründet hat, um das Land im Sinne des Katholischen Katechismus neu zu evangelisieren, gibt sich als Hoffnungsbringer. In der Selbstdarstellung heißt es: „Heute geht es darum, die Resignation und Müdigkeit, die auf unserem Land liegt und jeden Neuaufbruch erstickt, zu überwinden und der Hoffnung wieder Raum zu geben.“

Hoffnung liegt, meines Erachtens, aber nicht darin, die politische Bildung zu einem Schauplatz parteipolitischer Interessen zu machen (CDU/CSU versus SPD) und philosophische, politische, gesellschaftliche und religiöse Identitätsdiskurse von zweihundert Jahren zu ignorieren. Hoffnung liegt darin, dass nicht immer alle einer Meinung sind; denn so ist das nun mal in der Demokratie. Hoffnung liegt auch darin, dass es eine Institution für politische Bildung gibt, die junge, aktuelle Debatten über Politik und die Welt unterstützt, etwa auf dem Genderkongress oder hier, auf Los Superdemokraticos: 20 Autorinnen und Autoren haben unter anderem darüber nachgedacht, welche Rolle Körper, Körperkonstruktionen und Körperlichkeit in den jeweils subjektiven politischen Zusammenhängen in Europa und Lateinamerika spielen. Wir sind uns in einem neutralen Raum, dem Netz, als körperlose digitale Wesen begegnet. Wenn Gott die Welt erschaffen hat, hat er auch Debatten im Internet erschaffen. Danke, Gott, Danke Internet.

Wir bloggen weiter. Amen.

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Rosa steht dir nicht http://superdemokraticos.com/themen/koerper/rosa-steht-dir-nicht/ http://superdemokraticos.com/themen/koerper/rosa-steht-dir-nicht/#comments Thu, 12 Aug 2010 07:06:41 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=667 Die Ansprüche, die Frauen an sich stellen, übersteigen oft bei weitem die, die Männer an sich stellen. Wäre ich hier und jetzt ein Mann, würde ich daher auf keinen Fall eine Frau sein wollen. Aber für eine Frau, die diese hohen Ansprüche hochhält und gleichzeitig unter ihnen leidet, erscheint es zugleich unmöglich, ein Mann sein zu wollen.

Doch beneide ich die Männer zutiefst um ihren Großmut gegenüber sich selbst und auch einem anderen Mann gegenüber. Ich beneide sie vor allem um die Männerfreundschaft. Zwei Männer, die womöglich am Leben gescheitert sind, die vielleicht auch noch unter Perversionen leiden und die zudem noch unrasiert und übergewichtig sind, können einfach zusammen angeln gehen, ohne den anderen abzuschätzen und zu belehren. Im Gegenteil, sie bringen füreinander eine solche Toleranz auf, dass sie es nicht mal für nötig halten, sich zu rasieren und mit einem weiten Pullover die überflüssigen Pfunde zu kaschieren. Und wenn einer dann auch noch seinen Job verloren hat, greift der andere ihm verstehend unter die Arme. Männer haben Verständnis füreinander. Sie brauchen sich nicht füreinander anzustrengen, und wenn sie sich mal anstrengen müssen, dann ist es immer für die Frauen.

Klar, gibt es so etwas hin und wieder auch unter Frauen, aber ist das nicht die Regel. Die Mehrheit der Frauen konkurriert viel stärker untereinander. Nur eines von unzähligen Beispielen aus meinem Auslandsstudium an der Lomonossow-Universität in Moskau: Ich wohnte mit einer netten Schweizerin in einem Zimmer, die ich in den Wochen davor kennengelernt hatte. Zuvor war sie mit einer anderen Kommilitonin sehr eng befreundet. Ich fragte sie, warum sie nicht mit ihr in einem Zimmer sein wollte. Sie antwortete, sie könne deren unrasierten Beine nicht ertragen. Nach einem Monat zusammen mit ihr im Zimmer fand ich eine Freundin, eine Jurastudentin aus Kasachstan, mit der ich immer mehr Zeit verbrachte. Wir redeten schon darüber, vielleicht ein Zimmer zusammen zu nehmen, weil auch sie die stressigen Blicke ihrer Mitbewohnerin leid war. Über meine Erfahrungen in einer Frauen-WG in Rom könnte ich nicht viel anderes erzählen.

Auch wenn man über die Männer einiges sagen könnte, aber Selbsttoleranz ist scheinbar ungynäkologisch und womöglich abhängig von der Menge an Testosteron im Körper.

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Die Stadt als Körper und Witz http://superdemokraticos.com/themen/koerper/die-stadt-als-korper-und-witz/ Tue, 03 Aug 2010 14:31:05 +0000 http://superdemokraticos.com/?p=565

Ich wie ein Kind in der Stadt.

• Ich fahre im Taxi die Straße entlang und beobachte die Körper der Menschen, wie sie durch die Stadt laufen. Ich beobachte, ob ihre Körper sich an Montevideo anpassen oder ob es Montevideo ist, das sich an ihre Körper anpasst. Ich fahre eingeklemmt auf der Rückbank des Taxis, denn ich bin groß, 1,90 Meter, und in die Taxis von Montevideo wurde vor einigen Jahren aus Sicherheitsgründen eine Schutzscheibe eingebaut, die den Fahrer von den Fahrgästen trennt. Für Langwüchsige wie mich ist es sehr schwierig, Taxi zu fahren; wir müssen immer schräg sitzen, da in der normalen Position unsere Knie an die Scheibe stoßen. Wenn das Taxi ruckartig bremst, stoßen wir uns die Stirn an der Scheibe. Fährt das Taxi irgendwo gegen, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir uns einen Zahn ausschlagen oder irgendein Knochen im Gesicht brechen. Die Taxis in Montevideo sind nicht gemacht für die montevideischen Körper.

• Aus dem Taxi gucke ich mir die Fortbewegungsgewohnheiten der montevideischen Körper im Verhältnis zur Stadt an. Ich achte darauf, wie wir uns durch die Adern dieser Hauptstadt bewegen, wie sich die Bürger auf den Hauptarterien kreuzen, wie sie sich auf ihren offenen Plätzen tummeln, wie sie gegen ihre Knochen stoßen, in ihren Gelenken umbiegen, sich in ihren Löchern verstecken. Wenn die Stadt ein Körper wäre, welcher Teil von ihr wäre dann ihr Geschlecht?

• Zuerst dachte ich, es wären die Krankenhäuser. Dort werden die Kinder geboren, dort vermischen sich die krankhaften Körperflüssigkeiten der Leute, da sterben sie, da werden sie geboren, da beginnt und endet die große Masse der Bürger. Aber dann stelle ich fest, dass das Geschlecht mehr als das ist, dass ich danach suchen muss, welcher Part der Stadt sich reproduziert, sich amüsiert, sich selbst genießt. Wenn ich scheinheilig sein wollen würde, würde ich behaupten, dass sich das Geschlecht in jedem Bett unserer Haushalte befindet…..Lüge!

• Aus der Perspektive der Fortpflanzung betrachtet leidet Uruguay an einer Krankheit im Endstadium. Seine Bevölkerung wächst nicht und ist sowieso schon sehr klein, die wenigen jungen Menschen wandern früh aus. Wir sind knappe dreieinhalb Millionen Personen, und es scheint, als hätten wir nicht genug Lust zu wachsen. In solch einem Land sind die Betten kein Fest. Nein, die Betten in diesem Land sind mehr als für irgendetwas anders zum Schlafen da.

• Nichtsdestotrotz vögeln wir und pflanzen uns fort und amüsieren uns, aber wir sind nicht viele, wir sind sogar ziemlich wenige, aber wir halten unsere Adepten beieinander und missionieren neue Bürger. Ich schließe mich hier mit ein, da ich mich immer am Geschlecht der Stadt aufhalten werde. Ich ziehe das ihren arbeitsamen Armen, ihrem erfinderischen Kopf oder ihren geschickten Füßen tausendfach vor. Ich suche immer das Geschlecht von meiner Stadt, diesen Zugang zum Verborgenen, zum Genuss, zum Exzess, zum Obszönen, zur schönen, wundersamen Perle inmitten des Blutigen und Schmutzigen. Man muss in den Fluss hineinsteigen, um die Goldkörner zu finden.

• Meine Stadt ist ein alter Körper und wir sind alt in dieser Stadt. Wir sind ein junges Land  –  wir sind noch keinen 200 Jahre alt, auch wenn wir diese schon feiern, obgleich es offiziell noch so 20 Jahre bis dann hin sind – aber wir sind sehr alt. So habe ich mich am Anfang dieses ganzen Schreibspiels vor ungefähr fünf Essays vorgestellt. „Ich bin ein alter Mann im Körper eines jungen Mannes“ und das selbe gilt auch für die Stadt. Ihr natürliche Verfassung ist die Langsamkeit, die Traurigkeit und die Nostalgie. Zumindest empfinden…empfanden wir so.

• Etwas passiert gerade: Eine Art Benjamin Button auf Landesebene –  ha, ich weiß, dass der Vergleich fürchterlich ist, aber ich erinnere mich nicht an das andere, kultigere Buch, welches von der selben Geschichte handelt. Die Stadt und ihre Menschen, mit der Zeit hat sie angefangen, wieder jünger zu werden. Wir sind weit davon entfernt, Kinder oder Jugendliche zu sein, und schon gar nicht junge Leute in den 30ern. Aber eine Brise des Erwachsenenseins weht über den Boden unseres Vaterlands. So als wären wir plötzlich nicht mehr 70 Jahre alt sondern 50. Auf diese Weise wollen wir noch ein bisschen mehr vögeln, haben wir die Hoffnung und Lebenserwartung, dass uns noch ein wenig Zeit bleibt. Wir animieren uns sogar zu ein paar Fußballspielchen und dazu, sie zu gewinnen, wenn uns ein Wunder dabei hilft!

• Etwas verändert sich gerade. Uruguay hat das hohe Alter hinter sich gelassen und ist ins Stadium der Reife eingetreten, und mit ein bisschen Glück erfüllt sich jener Witz von Quino (bekannter argentinischer Comiczeichner; Anm.d.Ü.). Vielleicht ist Uruguay dieser Witz von Quino. HA! Hoffentlich.

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Das Leben laut Quino

…Ich denke, dass die Art und Weise, wie der Fluss des Lebens verläuft, falsch ist. Es müsste anders herum sein: Man müsste zuerst sterben, um das ein für alle Mal erledigt zu haben.

Dann eine Zeitlang im Altersheim wohnen, bis sie dich da rausschmeißen, wenn du nicht mehr alt genug bist, um dort zu weilen.

Dann beginnst du zu arbeiten, 40 Jahre lang, bis du jung genug bist, um deinen Ruhestand zu genießen.

Danach Partys, um die Häuser ziehen, Alkohol. Spaß, Geliebte, Freunde, Freundinnen, alles, bis du bereit bist, auf die Sekundärschule zu gehen…

Danach beginnst du die Grundschule und bist ein Kind ohne Verantwortlichkeiten irgendeiner Art…

Danach wirst du zu einem Baby und gehst erneut zurück in den mütterlichen Bauch und dort verbringt du die besten und letzten 9 Monate deines Lebens, schwebend in einer warmen Flüssigkeit, bis dein Leben sich mit einem heftigen Orgasmus ausschaltet.

DAS IST DAS WAHRE LEBEN!!!

Übersetzung: Anne Becker

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